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Geht es ohne Erziehung? (Buchbesprechung)

von Sabrina Blaesing, erschienen in Ausgabe #33/2015
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Die Frage, ob es auch ohne Erziehung gehe, stellt Eberhard Schulz, Sozialpädagoge und Theaterthera­peut, nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Leserinnen und Lesern. Für seinen »Versuch einer Verständigung« zieht er zahlreiche Geschichten und Zitate namhafter Wegbegleiter heran. Von Erich Kästners »… was nicht in euren Lesebüchern steht« über Ekkehard von Braunmühls »Der heimliche Generationenvertrag« bis hin zu Michael Winterhoffs »Warum unsere Kinder Tyrannen werden«.
Schulz geht es dabei nicht um einen weiteren Erziehungsratgeber, er möchte vielmehr einen einfachen Zugang zu zahlreichen wichtigen Erkenntnissen in Bezug auf das Zusammensein mit Kindern eröffnen. Mit Liebe für das Wesentliche trägt er im ersten Teil des Buchs zahlreiche Argumente zusammen und lädt dazu ein, selber Schlüsse zu ziehen. Amüsant und durch ihre Anschaulichkeit hilfreich schließen sich im zweiten Teil seine teils sehr persönlichen »Geschichten vom Tun und Lassen« an. Sie machen das Buch zu einer spannenden und abwechslungsreichen Lektüre.
»Mir scheint« sind dabei die Lieblingsworte des Autors, mit denen er immer wieder betont, dass es »keine Schablone gibt, die auf jedes Kind passt«, und dass jeder Umgang miteinander unvermeidlich »erziehlich« wirkt. Es sei die Qualität der Beziehung, so Schulz, die für eine freie Entfaltung der Persönlichkeit entscheidend ist. Wenn Eltern vergessen, dass es einer Gegenseitigkeit bedarf, komme es zum übergriffigen »(Er)ziehen«. Haben wir das Recht, jemanden zu verändern? Darf  »gezogen« werden? Wer bestimmt die Zugrichtung? 
Mich hat beim Lesen vor allem der persönliche Einblick berührt, den Eberhard Schulz in Beruf und Familie gewährt. Geduldig und schließlich entschieden kommt er in den letzten Kapiteln zu dem Ergebnis, dass allein die Beziehung und die innere Einstellung – beispielsweise der natürlichen Neugier eines Kindes mit Offenheit zu begegnen – die Basis für eine gelungene Erziehung bildeten. 
In der Theorie ist das leicht gesagt, aber diese Erkenntnis will in die Tat umgesetzt werden, denn: »Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.«
So ist dieses Buch ein Appell an alle, die beruflich oder in ihrer Familie mit Kindern umgehen, sowie an die eigene Intuition: zu tun, was gut zu sein scheint, und zu lassen, was uns unrecht vorkommt. Schließlich geht es auch um die Zeit, die Kinder und Erwachsene füreinander brauchen – und auf die kommt es wirklich an! ◆ 

Geht es ohne Erziehung?
Versuch einer Verständigung.
Eberhard Schulz
tologo Verlag, 2015
232 Seiten
ISBN 978-3937797281
14,90 Euro

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