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Die Kuh ist kein Klima-Killer! (Buchbesprechung)

von Sylvia Buttler, erschienen in Ausgabe #16/2012
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Der Titel suggeriert, dass es sich um eine Rehabilitierung der Rinder handeln könnte, deren Ruf in den letzten Jahren arg gelitten hat. Aber Anita Idels Buch ist mehr: Es ist eine ganze Abrechnung mit der indus­triellen Landwirtschaft, die Böden, Klima und nicht zuletzt die Würde der Tiere, die der Nahrungserzeugung dienen, zerstört.
Über Kühe und andere Rinder war in der Vergangenheit immer wieder zu hören, sie seien maßgeblich an der Entstehung von Treibhausgasen schuld, da sie Methan ausstoßen. Dieser biologische Vorgang existiert tatsächlich. Jedoch legt die Autorin anhand von zahlreichen Daten dar, dass die Haltung von Weidevieh, wie sie früher betrieben wurde, an sich zum Klimaschutz beitragen kann. Denn das Weideland, von dem die Tiere leben und das sie gleichzeitig erhalten, speichert, ähnlich wie Wälder, Unmengen von CO2. Immerhin sind 40 Prozent der weltweiten Landfläche Grünland.
Die Probleme entstanden erst durch die Industrialisierung der Rinderhaltung, denn heute ziehen Milchkühe und Mastrinder in der Regel nicht mehr über grüne Wiesen, sondern fristen ein tristes Dasein in Ställen, wo sie mit Mais und Kraftfutter auf Hochleistung getrimmt werden. So ist der Landwirt unabhängig von seiner Betriebsgröße in der Lage, viele Tiere aufzuziehen. Die Zahl der Rinder richtet sich nicht mehr nach der Weidefläche, sondern nach der Stallgröße und der Menge des zugekauften Futters. Der Anbau dieser Futterpflanzen wird mit riesigen Mengen Kunstdünger möglich, der wiederum das ex­trem klimaschädliche Lachgas freisetzt. Der Mais wird in der ganzen Welt erzeugt und von den Industrieländern aufgekauft, was die Armut in den Erzeugerländern wachsen lässt. Die bei der Rinderhaltung entstehende Gülle wird unabhängig vom Zustand der Böden auf die Weiden aufgebracht, die so immer fetter und artenärmer werden (siehe dazu den Wiesen-Artikel in Oya 15). Statt artenreicher Kräuterwiesen sehen wir Löwenzahnfelder, so weit das Auge reicht. Solche Flächen sind überdüngt.
Wenn die Negativberichte über Kühe und deren Methanausstoß dazu führen, dass weniger Fleisch verzehrt wird, dann wäre das ein begrüßenswerter Effekt. Die weitaus wichtigere Schlussfolgerung ist aber, dass die Landwirtschaft von der industriellen Haltung weg muss! Aus diesem Grund betrachtet die Autorin – die  übrigens einige Jahre lang den Weltagrarbericht mitgeschrieben hat – auch die Alternativen, die weltweit ausprobiert werden. Schließlich sind die Weidetiere in der dem Menschen überlegenen Position, Gras überhaupt verwerten zu können. Warum sollten wir sie mit Mais und anderem Getreide füttern?


Die Kuh ist kein Klima-Killer
Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können.
Anita Idel
Metropolis Verlag, 2010, 200 Seiten
ISBN 978-3895188206
18,00 Euro

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